Nils Büttner, Christoph Wagner (Hrsg.)

Journal für Kunstgeschichte – Jahrgang 2018 Heft 3

Heft 3 von 2018

Vorwort der Herausgeber Wer hätte das gedacht: Dass nach fake news nun auch fake science ein gesellschaftsrelevantes, breitenwirksames Thema ist, und zwar nicht mit Blick auf das Fehlverhalten einzelner schwarzer Schafe – die gab es immer schon –, sondern als systemisches Problem, produziert von Großverlagen, die aus finanziellen Erwägungen offenbar systematisch Anreize zu wissenschaftlichem Fehlverhalten liefern. Mittlerweile stehen nach jüngsten Recherchen offenbar rund 5.000 Kolleginnen und Kollegen, bevorzugt aus den Bereichen Medizin, Naturwissenschaft und Technik, im Verdacht, in wissenschaftlich fragwürdigen Publikationsorganen zu veröffentlichen und dafür gerne auch mal knapp tausend Dollar oder auch den doppelten Betrag hinzublättern, um zeitnah in einem ‚guten‘ Journal, wie den über 700 Zeitschriften des Publikationskonzerns OMICS im indischen Hyderabad, publizieren zu können. Damit ist nicht gesagt, dass alle diese Publikationen inhaltlich als fake science anzusprechen sind, denn unter diesen Beiträgen finden sich natürlich auch wissenschaftlich ernstzunehmende Studien. Dass ein Teil dieser Kolleginnen und Kollegen allerdings [...]

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Reihe: 1. Auflage 2018, 17 x 24 cm, Broschur klebegebunden,

Erscheinungstermin: 17. September 2018
ISBN: 51813
Artikelnummer: 51813 Kategorie:

Vorwort der Herausgeber Wer hätte das gedacht: Dass nach fake news nun auch fake science ein gesellschaftsrelevantes, breitenwirksames Thema ist, und zwar nicht mit Blick auf das Fehlverhalten einzelner schwarzer Schafe – die gab es immer schon –, sondern als systemisches Problem, produziert von Großverlagen, die aus finanziellen Erwägungen offenbar systematisch Anreize zu wissenschaftlichem Fehlverhalten liefern. Mittlerweile stehen nach jüngsten Recherchen offenbar rund 5.000 Kolleginnen und Kollegen, bevorzugt aus den Bereichen Medizin, Naturwissenschaft und Technik, im Verdacht, in wissenschaftlich fragwürdigen Publikationsorganen zu veröffentlichen und dafür gerne auch mal knapp tausend Dollar oder auch den doppelten Betrag hinzublättern, um zeitnah in einem ‚guten‘ Journal, wie den über 700 Zeitschriften des Publikationskonzerns OMICS im indischen Hyderabad, publizieren zu können. Damit ist nicht gesagt, dass alle diese Publikationen inhaltlich als fake science anzusprechen sind, denn unter diesen Beiträgen finden sich natürlich auch wissenschaftlich ernstzunehmende Studien. Dass ein Teil dieser Kolleginnen und Kollegen allerdings anschließend von denselben Konzernen zu – ebenfalls kostenpflichtigen – Tagungsauftritten eingeladen werden, wo sie ihre ‚Beiträge‘ dann in ‚Vorträgen‘ präsentieren, selbst wenn absichtsvoll oder gelegentlich auch unwillentlich „Nonsense“ Papers eingereicht wurden, wie jüngste journalistische Recherchen belegen, gibt dem Ganzen eine neue systematische Dimension: Es handelt sich partiell um organisiertes wissenschaftliches Fehlverhalten. Wohlgemerkt geschieht das alles unter den Vorzeichen einer vorgeblich durch peer reviewing umgesetzten Qualitätssicherung. Wie groß muss der Druck des publish or perish sein, um solche Wege zu beschreiten? Und wie groß muss auf der anderen Seite die Bereitschaft sein, Schriften nur noch zu listen statt zu lesen? Man könnte diese Ereignisse als moderne Spielarten einer Schwejk’schen Wissenschaftsklamotte augenzwinkernd humorvoll belächeln, wenn denn nicht die Folgen für das Ansehen des Wissenschaftsbetriebs so gravierend wären: Verheerend wirkt sich die Botschaft aus, dass Wahrheit in der Wissenschaft in Wahrheit käuflich ist, als Ware feilgeboten wird, je nachdem, wer bereit ist, für welchen Beitrag welchen Preis zu zahlen. Die Kunstgeschichte scheint von diesen Vorfällen der fake science bislang lediglich am Rande betroffen zu sein. Möglicherweise, weil ihre Forschungsergebnisse anders als in Medizin, Naturwissenschaft und Technik wirtschaftlich nicht so unmittelbar auszumünzen sind? Zu marginal sind einstweilen auch noch die Möglichkeiten digitaler Aufsatzpublikationen in Journalen wie dem e-journal Kunstgeschichte, das als Open Access-Plattform von den unterzeichnenden Herausgebern des Journals für Kunstgeschichte als Mitherausgeber mitgetragen wird und das als untadeliges Open Access-Instrument ohne jegliche finanziellen Interessen und Interessenkonflikte etabliert wurde. Auch das Journal für Kunstgeschichte zahlt – manchmal zum Leidwesen seiner Autorinnen und Autoren – weder Honorare für Beiträge, noch nimmt es Geld dafür, dass Beiträge publiziert werden. Nicht alle zur Rezension eingereichten und vorgeschlagenen Publikationen finden – manchmal zum Leidwesen der Verlegerinnen und Verleger – einen Rezensenten. Nicht alle Rezensionen fallen – manchmal zum Leidwesen der Autorinnen und Autoren der besprochenen Bücher – wunschgemäß s aus, wie sich das die Autoren und Herausgeber erträumen. Und die Herausgeber haben – manchmal zu ihrem Leidwesen – keinen Einfluss auf Umfang und inhaltliche Ausrichtung der eingelieferten Rezensionen. Denn alle Beiträge des Journals für Kunstgeschichte entstehen aus einem freiwilligen Wissenschaftsethos, in der Überzeugung, dass die Themen und Publikationen interessant genug sind, besprochen zu werden und damit weiterführende Diskussionen anzustoßen. Was wir aber garantieren, ist: dass alle Beiträge nicht nur gelistet, sondern sorgfältig gelesen werden, um ihnen mit jedem Heft weiterführend einen aktuellen und repräsentativen Querschnitt über Forschungsdiskussionen in der Kunstwissenschaft zu bieten. Und wir stellen uns – nicht zuletzt in den kritischen Rezensionen des Journals für Kunstgeschichte – jedem Versuch, mit fake science wissenschaftliche Diskurse zu unterminieren, entgegen. Sie sind herzlich eingeladen, sich an diesen Prozessen schreibend zu beteiligen! Wie stets an dieser Stelle danken die Herausgeber auch in diesem Heft den Autorinnen und Autoren für ihren altruistischen Einsatz und für ihre im besten Sinne kritischen Beiträge. Wir danken unserer Leserschaft für ihre wache und aufmerksame Rezeption und ermuntern nachdrücklich, sich mit eigenen Beiträgen einzumischen: Hinweise auf möglicherweise zu besprechende Publikationen sind ebenso willkommen wie die Übernahme eigener Rezensionen. Die Liste der an die Redaktion gesandten Neuerscheinungen hält auch diesen Vorgang für alle transparent. Schließlich gilt es den Mitarbeiterinnen in Stuttgart und Regensburg zu danken, namentlich Sabrina Lind, deren Aufgaben mit diesem Heft von Celina Berchtold übernommen werden, und Anne Wiegand. Wir wünschen viel Vergnügen bei der fake science-freien Lektüre im Journal für Kunstgeschichte.

Nils Büttner, Christoph Wagner (Hrsg.)

Reihe: (ZJB-JOUR)
Sprache: Deutsch
Auflage: 1 2018
Medium: Heft
Einbandart: Broschur klebegebunden
Format: 17 x 24 cm
Gewicht: 273 g
Erscheinungsdatum: 17. September 2018
ISBN: 51813
Verlag: Schnell & Steiner
Cover: Cover download

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